Der Wald und seine Geheimnisse | Leben in Worten

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Photo © Sunelly Sims

Sie verweilte für ein paar Minuten auf einer der Holzbänke, die entlang der Flusspromenade in weiteren Abständen aufgereiht waren. Sie liebte es am Flussufer spazieren zu gehen, sie genoss die ruhige, sattgrüne Umgebung und lauschte der Stille der Au. Je weiter sie flussaufwärts ging, umso seltener kamen ihr andere Menschen oder Radfahrer entgegen, die an schönen, sonnigen Frühlingstagen, wie es heute war, frische Energie in der entspannten Atmosphäre der Au tanken wollten.

Dabei konnte sie sich früher nie vorstellen, alleine spazieren zu gehen. Es wäre ihr langweilig vorgekommen, niemanden an ihrer Seite zu haben, um über Gott und die Welt zu reden, ihre Gedanken mit jemandem auszutauschen. Ohne einen Gesprächspartner fühlte sie sich nicht nur physisch alleine, ihre Gedanken über alles Mögliche blieben in ihrem Kopf eingesperrt und kreisten, als befänden sie sich in einer Endlosschleife – gezwungen, auf kleinstem Raum zu gedeihen. Ohne Hoffnung, frei und mühelos durch ihre Kehle und ihren Mund nach außen zu drängen. Nur wenn sie ihren Mund leicht öffnete, machten ihre Gedanken augenblicklich die richtigen Worte ausfindig und sie strömten in Worte gekleidet aus ihrem Kopf, der Brutstätte ihrer Gedanken hinaus, als wären sie ein breiter Strom des Flusses. Dann konnte sie sie nicht mehr aufhalten, sie nicht mehr ändern oder rückgängig machen, weil die Gedanken, die sich von einer Sekunde auf die andere zu Worten formten, immer schneller wurden und bahnten unaufhaltsam ihren Weg ins Freie.

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© Sunelly Sims

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